Wilde Heidelbeeren
Dem Superfood-Trend und einigen Ernährungsformen wie der Steinzeitdiät verdankt die Heidelbeere, dass sie immer beliebter wird und mittlerweile das ganze Jahr über in den Supermärkten zu haben ist. Diese sogenannten Kulturheidelbeeren (Vaccinium corymbosum) stammen von amerikanischen Urformen ab und werden auf Plantagen angebaut. Es sind große Beeren, außen blauviolett, innen hell, und sie haben mit den wilden Heidelbeeren, auch Blaubeeren genannt, nicht mehr viel zu tun. Nur noch in den Schalen befindet sich eine kleine Menge der gesunden Farbstoffe, der Anthocyane. Weil diese bei Wildheidelbeeren die Zunge und die Zähne blau färben und Flecke auf der Kleidung machen, wurden sie von amerikanischen Züchtern im 19. Jahrhundert entfernt.
Wildform gedeiht auf Heiden und Mooren
Wilde Heidelbeeren oder Blaubeeren (Vaccinium myrtillus) wachsen als halbhohe Sträucher in Nordamerika, Kanada und den gemäßigten nördlichen Zonen Eurasiens, auch in der arktischen Tundra, in Russland und Sibirien. Dort haben sich regionale Sorten entwickelt, die alle zur Familie der Heidekrautgewächse gehören. Sie bevorzugen als Standorte lichte Wälder und Ränder von Lichtungen mit nährstoffarmen und leicht sauren Böden. Ebenso gedeihen sie gut auf Heiden und Moore und sogar im alpinen Raum bis auf über 2000 Meter. Der deutsche Name Heidelbeere deutet an, dass man sie viel auf Heiden gesammelt hat. Die Beeren sind deutlich kleiner als die der Kulturpflanzen, durch und durch blau oder blau-violett und viel aromatischer im Geschmack. Der Volksmund nennt sie unter anderem Schwarzbeere, Moosbeere, Bickbeere oder Heubeere.
Zell- und Gefäßschutz durch Anthocyane
Kurz gesagt: Heidelbeeren wirken Alterungsprozessen entgegen, stärken die Blutgefäße, regulieren den Blutzuckerspiegel, schützen die Schleimhäute und verbessern die Sehkraft.
Es sind die Inhaltsstoffe der wilden Heidelbeeren, die dies bewirken. Vor allem enthalten sie mehr Anthocyane, die sich nicht nur wie bei Kulturheidelbeeren in den Schalen, sondern in den ganzen Beeren befinden. Das Wort Anthocyane setzt sich aus den griechischen Bergriffen anthos für Blüte oder Blume und kyáneos für dunkelblau zusammen.
Anthocyane sind wasserlösliche Pflanzenfarbstoffe, die Früchten oder Blüten eine rote, violette, blaue oder schwarze Farbe geben. Die sogenannten sekundären Pflanzenstoffe dienen den Pflanzen als Schutz vor UV-Strahlung, locken Bestäuber an und binden sogenannte freie Radikale, die gesunde Zellen angreifen. Diese aggressiven Sauerstoffverbindungen entstehen auch im menschlichen Körper. Entweder bei Stoffwechselprozessen, durch Entzündungen oder durch Einwirkung von außen wie Umweltverschmutzung, Zigarettenrauch, UV-Strahlung oder Ozon. Die Polyphenole in Heidelbeeren können diesen Vorgang als Antioxidantien unterbinden. Das wirkt sich auch auf die Blutgefäße aus. Außerdem sollen sie den Alterungsprozess verlangsamen, sodass Anthocyane bei regelmäßigem Verzehr ein gut schmeckendes Anti-Aging-Mittel wären.
Myrtillin: Ein Farbstoff, der es in sich hat
Bei der Blaubeere ist es an erster Stelle das Glykosid Myrtillin. Es kann bis zu zehn Prozent in den Wildheidelbeeren ausmachen, weshalb sie so gesund sind. Früher soll man gesagt haben: solange Zeit für Myrtillus ist, braucht man keinen Arzt. Sehr wahrscheinlich waren die Wildheidelbeeren schon in der Steinzeit für die Menschen sehr wichtig und haben getrocknet oder eingekocht im Winter für die notwendigen Vitamine und Mineralstoffe in der Ernährung gesorgt. Beim Kochvorgang gehen allerdings viele Inhaltsstoffe verloren. Das Trocknen ist eine schonendere Haltbarmachung, damit die Wirkung gegen Entzündungen und freie Radikale erhalten bleibt.
Vitamine und Mineralstoffe
Die Inhaltsstoffe können sich sehen lassen: Hundert Gramm Heidelbeeren enthalten sieben Gramm Kohlenhydrate, jeweils etwa ein Gramm Fett und Eiweiß und fünf Gramm Ballaststoffe. Vitamine sind in kleinen Mengen, aber in großer Bandbreite enthalten. In Heidelbeeren finden sich die Vitamine A, B1, B2, B3, B6, B7, B9, C, E und K. An Mineralstoffen bieten sie Mangan, Eisen und Zink sowie in geringen Mengen unter anderem Kalium, Schwefel, Kalzium, Zink, Kupfer und Natrium. Für das Spurenelement Mangan sind die Beeren eine gute Quelle. Mangan fördert die Bildung von Knorpel- und Bandscheibengewebe und wird beim Neutralisieren von freien Radikalen gebraucht.
Hilfe bei Entzündungen
Mittlerweile ist bekannt, dass chronische Entzündungen im Körper schwere Krankheiten, Depressionen, Nervendegenerationen und Übergewicht auslösen können. Bleiben sie unerkannt und wirken sie über Jahre oder Jahrzehnte als heimliche Entzündungsherde, ist es nicht einfach, einen Zusammenhang zu den Erkrankungen herzustellen. Deshalb wird heute eine Ernährung mit entzündungshemmenden Lebensmitteln empfohlen. Die Beeren haben dabei eine wichtige Aufgabe. In verschiedene Studien wurde nachgewiesen, dass der regelmäßige Verzehr besonders von Heidelbeeren sich positiv auf Entzündungsparameter auswirkt. Wie Forscher in Laborversuchen herausgefunden haben, sind es die Farbstoffe in den Beeren, die ein Enzym hemmen, das Entzündungen auslöst. Heidelbeeren könnten bei chronischen Darmentzündungen wie Colitis ulcerosa oder Morbus Crohn, Zahnfleisch- und anderen Entzündungen eine Hilfe sein.
Stärkung des Immunsystems
Bei der Immunabwehr zeigt sich, dass Heidelbeeren wirklich ein Superfood sind. Da ist einmal natürlich das Vitamin C, das die Abwehrkräfte stärkt. Und die Gerbstoffe in den Beeren haben die Eigenschaft, Entzündungen zu hemmen und Keime abzutöten. Auch die Antioxidantien spielen hier eine Rolle, indem sie freie Radikale unschädlich machen, die bei einer Virusinfektion das Immunsystem angreifen. Weil durch radikale Sauerstoffverbindungen und ein geschwächtes Immunsystem Zellen leichter zu Krebszellen werden können, wird angenommen, dass Heidelbeeren auch hier eine präventive Wirkung haben könnten.
Heidelbeeren in der Naturheilkunde
Bei den Griechen und Römern waren Heidelbeeren nicht nur als Speise und Mittel bei Darmerkrankungen bekannt und beliebt. Den Farbstoff hat man nach Aufzeichnungen von Plinius zum Färben von Stoffen verwendet. Hildegard von Bingen empfahl getrocknete Beeren bei Durchfall. Die Wirkung entsteht durch die enthaltenen Gerbstoffe und Pektine. Weil man annahm, dass sie auch blutstillend sind, kamen Blaubeeren früher auch bei äußeren Verletzungen zum Einsatz.
Traditionelle chinesische Medizin
Nach der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) stärken alle Beeren, aber vor allem die dunklen wie die Heidelbeeren, das Blut und die Körpersäfte. Sie wirken im ganzen Körper befeuchtend und helfen so bei trockenen Augen, trockener Haut, trockenen Schleimhäuten und Verstopfung, wenn man sie frisch isst, ebenso sind sie bei innerer Unruhe indiziert. Getrocknete Beeren werden auch in China bei Durchfall eingesetzt. Laut TCM stärken Heidelbeeren ferner die Leber und die Nieren, wirken lindernd bei Entzündungen im Mund- und Rachenraum, unterstützen die Augen und die Sehkraft, helfen bei Lichtempfindlichkeit und Nachtblindheit.
Ein leckerer Schlankmacher
Der niedrige glykämische Index liegt weit unter zehn und macht Heidelbeeren damit zu einer idealen Ernährung bei Diabetes. Denn durch sie steigt der Blutzuckerspiegel nur minimal an. Mit rund 40 Kilokalorien pro hundert Gramm sind sie auch ein guter Schlankmacher bei Diäten, was durch die Ballaststoffe verstärkt wird, die lange satt machen. Dieser Effekt wird verstärkt, wenn die Beeren oder ein Blaubeerpulver zusammen mit Eiweiß oder Kohlenhydraten, beispielsweise in einem Müsli, gegessen werden.