Wissenswertes über Hafer
Arzneipflanze des Jahres 2017 war der Hafer (Avena Sativa). Das Getreide wurde ausgewählt, weil es nicht nur als Nahrungsmittel gesund ist, sondern auch die Behandlung zahlreicher Beschwerden unterstützen sowie vorbeugen kann. Von besonderer Bedeutung sind die wasserlöslichen Ballaststoffe, die Beta-Glucane. Sie regulieren den Blutzucker und tragen unter anderem dazu bei, Cholesterin im Blut zu senken.
Ein Kraft spendendes Süßgras
Der Hafer gehört zur Familie der Süßgräser (Poaceae), die auf der ganzen Erde vorkommen. Der botanische Name Avena könnte vom Sanskrit-Wort „avana“ herrühren, das für Labung, Erquickung, Freude und Wohlgefallen steht und in diesem Sinn auch für Nahrung verwendet wird. Das lateinische Wort „sativa“ bedeutet angebaut, weil es sich beim Hafer, auch Saathafer genannt, um eine kultivierte Pflanze handelt. Es ist eine Kreuzung aus den wilden Arten Flughafer (Avena fatua), Tauber Hafer (Avena sterilis) und Barthafer (Avena barbata).
Anders als die übrigen Getreide hat der Hafer keine Ähren, sondern Rispen, die Körner sind von Spelzen umschlossen. Eine Besonderheit ist zudem, dass Hafer auch auf kargen Böden und bei viel Niederschlag gut gedeiht und trotzdem viele Nährstoffe bildet. Vielleicht hat er sich deshalb so stark in Nordeuropa verbreitet, er wird aber auch im Mittelmeerraum angebaut. Als Nahrungsmittel ist Hafer ein Kraftspender, der in der Rekonvaleszenz aufbauend wirkt. Außerdem stärkt er die Nerven, was schon Hildegard von Bingen wusste, und reguliert den Schlaf-Wach-Rhythmus. Medizinisch genutzt werden Stroh, Kraut und Körner.
Vitamine, Mineralien und Faserstoffe
Bei den Inhaltsstoffen unterscheidet sich der Hafer wiederum deutlich von den anderen Getreiden. Er enthält mit fast 13 Prozent mehr Eiweiß und mit rund 7 Prozent mehr Fett. Darunter die Fettsäuren Omega 9 und Omega 6. Nachgewiesen sind die Vitamine B1 Thiamin, B2 Riboflavin, B5 Pantothensäure, B6 Pyridoxin, B7 Biotin, B9 Folsäure, E, K, Eisen, die Mineralstoffe Magnesium, Selen, Zink, Phosphor, Silizium, Mangan, Kalium und Kalzium. Viele davon sind für die Gesundheit von Nerven, Haut und Haaren notwendig. Des weiteren finden sich Flavonoide, Saponine, Aminosäuren, Spurenelemente und Schleimstoffe, die Magen und Darm guttun. Ein einuigartiger Bestandteil von Hafer sind Avenanthramide, die sonst in keiner Pflanze vorkommen. Diese sekundären Pflanzenstoffe sollen Arteriosklerose vorbeugen können, entzündungshemmend sein, antioxidativ und gegen Juckreiz wirken.
Ballaststoffe verlangsamen Insulinausschüttung
Für die Behandlung von ernährungsbedingten Krankheiten und zu deren Vorbeugung sind die Faser-, bzw. Ballaststoffe wichtig. Nicht lösliche Ballaststoffe dienen vor allem zur Förderung der Verdauung, weil sie die Darmtätigkeit anregen. Die löslichen Ballaststoffe übernehmen andere Aufgaben, im Hafer tun das die Beta-Glucane. Hundert Gramm Hafer enthalten etwa 10 Gramm Ballaststoffe, 4 bis 5 Gramm davon sind Beta-Glucane. Es handelt sich dabei um Verbindungen von mehreren Glucose-Molekülen, um Polysaccharide, die in den Zellwänden von Pflanzen vorkommen. Sie verlangsamen die Magenentleerung und auf diese Weise die Aufnahme von Nährstoffen in das Blut, sodass auch der Blutzucker nur langsam ansteigt und die Insulinausschüttung reduziert wird.
Früher hat man Diabetikern Hafertage empfohlen, und tatsächlich konnte man danach eine wochenlang anhaltende positive Wirkung auf den Blutzucker feststellen. Eine neuere Studie hat ergeben, dass die Insulingabe bei Patienten mit einem hohen Insulinbedarf nach zwei Hafertagen um bis zu 30 Prozent gesenkt werden konnte. Der Effekt soll bis zu vier Wochen angehalten haben. Beta-Glucane sorgen für die langsame Resorption der enthaltenen Stärke, sodass die Kohlenhydrate des Hafers den Blutzucker nur langsam erhöhen. Der sogenannte Glykämische Index von Hafer liegt deshalb bei 40 und somit ist Hafer ein ideales Getreide für Diabetiker.
Schutz vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Die Wirkungen der Hafer-Beta-Glucane sind seht gut untersucht und bestätigt worden. In den USA dürfen deshalb Hafer und Produkte, die Beta-Glucane enthalten, wie Extraktpulver, damit beworben werden, dass sie vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen schützen. Auch in Europa ist die Aussage, dass Hafer-Beta-Glucane nachweislich den Cholesteringehalt im Blut verringern, im Rahmen der EU-Verordnung über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben zugelassen. Das gilt jedoch nur für Beta-Glucane aus Hafer.
Beta-Glucane binden sich an Gallensäuren
Der Effekt basiert auf einem besonderen Stoffwechselgeschehen. Beta-Glucane binden sich an Gallensäuren und scheiden diese aus. Deshalb kommen weniger zurück zur Leber und die beginnt in den Hepatozyten damit, neue Gallensäuren zu bilden. Das dafür benötigte Cholesterin holt sie sich aus dem Blut, sodass der Gesamt-Cholesterinspiegel, vor allem der des schädlichen LDL-Cholesterins, sinkt. Forscher empfehlen die tägliche Einnahme von mindestens 3 Gramm Beta-Glucan.
Über die Ernährung mit Hafer allein ist die cholesterinsenkende Wirkung nur bedingt zu erreichen, weil der Anteil im Hafer je nach Standort und Klima stark variiert. Außerdem müsste man jeden Tag eine größere Menge Haferflocken essen und die Beta-Glucane müssten ausreichend aus dem Hafer extrahiert werden, was nicht immer gut gelingt. Deshalb empfiehlt sich auch wegen dieser Wirkungen die Einnahme eines Extraktpulvers.
Machen satt und schützen den Darm
Studien haben gezeigt, dass die Beta-Glucane im Hafer schneller ein Sättigungsgefühl auslösen, weil sie große Mengen Wasser binden und dann aufquellen. Dadurch erhöht sich im Magen das Volumen der Mahlzeit und man ist schneller satt. Das wird durch die längere Verweildauer noch verstärkt. Eine größere Menge Nahrungsbrei, vor allem wenn viele aufgequollene Ballaststoffe enthalten sind, unterstützt zudem die Darmbewegungen und den Verdauungsvorgang. Zusätzlich werden Giftstoffe im Darm gebunden und ausgeschieden. Wichtig ist dabei, ausreichend zu trinken.
Forschungen zu Darmkrebs
Ob Ballaststoffe, insbesondere die Hafer-Beta-Glucane, Darmkrebs verhindern könnten, wurde ebenfalls untersucht. Denn diese Erkrankung greift immer mehr um sich, was meist auf eine ungünstige Ernährung zurückzuführen ist. Man fand heraus, dass die Beta-Glucane aus Hafer von den Bakterien im Dickdarm fermentiert werden. Dabei entstehen kurzkettige Fettsäuren, die für den Aufbau einer gesunden Darmschleimhaut wichtig sind. Sie wirken somit positiv auf die Darmgesundheit ein.